Sprungziele
Inhalt

Vorlage - 2021/20-171  

Betreff: Errichtung eines Solarparkes in der Gemeinde Wesenberg
Status:öffentlich  
  Bezüglich:
2021/20-157
Beratungsfolge:
Bau- und Umweltausschuss der Gemeinde Wesenberg Vorberatung
13.01.2022 
Sitzung des Bau- und Umweltausschusses der Gemeinde Wesenberg (offen)   
Gemeindevertretung Wesenberg Entscheidung
27.01.2022 
Sitzung der Gemeindevertretung Wesenberg ungeändert beschlossen   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag:

 

Der Bürgermeisterin wird beauftragt, die Landesplanungsbehörde frühzeitig über das Vorhaben „Solarenergie-Freiflächenanlage“ östlich der K 111 zwischen den Ortslagen Ratzbek und Fliegenfelde zu unterrichten und gleichzeitig zu bitten, die Vereinbarkeit mit den Zielen der Raumordnung zu prüfen.

 

Die gemeindlichen Gremien werden sich nach Eingang der landesplanerischen Stellungnahme mit dem Vorhaben befassen und über die Einleitung der notwendigen Bauleitplanverfahren beraten.

 

 

Bemerkungen:

Aufgrund des § 22 GO waren keine / folgende Gemeindevertreter/-innen bzw. Ausschussmitglieder von der Beratung und Abstimmung ausgeschlossen; sie waren weder bei der Beratung noch bei der Abstimmung anwesend: ...

 

 

 


Sachverhalt:

Die Gemeinde befasst sich bereits seit einiger Zeit mit der angestrebten Ansiedlung eines Solarparks an der K 111 zwischen Ratzbek und Fliegenfelde. In ihrer Sitzung am 02.12.2021 hat die Gemeindevertretung die Beratung und Diskussion zur Beschlussvorlage 2021/20-157 an den Bau- und Umweltausschuss verwiesen.

 

Derartige Vorhaben sind nicht nur in Wesenberg, sondern im gesamten Schleswig-Holstein nachgefragt. In den vergangenen rund zwei Jahren hat der Handlungsdruck auf die schleswig-holsteinischen Gemeinden durch Projektentwickler deutlich zugenommen. Ursache hierfür ist u.a. die Anhebung der Größenklasse auf 20 MW im Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG), wodurch kosteneffizienter gebaut werden kann. Der technologische Fortschritt ermöglicht günstigere Erzeugungsbedingungen. Module werden günstiger, effizienter und Aufbauten kontinuierlich optimiert. Dadurch stieg die Wettbewerbsfähigkeit von Photovoltaikanlagen außerhalb der bestehenden EEG-Vergütungskulisse auch in Schleswig-Holstein.

 

Das Land Schleswig-Holstein hat auf eine raumordnerische Steuerung für Solar-Freiflächenanlagen durch die Festlegung von Vorrang-, Vorbehalts- oder Eignungsgebiete, wie es sie für die Windenergieparks an Land gibt, verzichtet. Die Planungshoheit und damit auch die mit der Zulässigkeit verbundenen schwierigen Fragestellungen liegen im Zuständigkeitsbereich der Gemeinden. Solarenergie-Freiflächenanlagen entstehen meist im Außenbereich nach § 35 BauGB. Sie stellen aber keine privilegierten Vorhaben im Sinne des § 35 BauGB dar, so dass zur Umsetzung die Aufstellung eines Bebauungsplanes und meist auch eine Änderung des Flächennutzungsplanes (Fläche für Landwirtschaft in Sondergebiet) durch die Standortgemeinde erforderlich ist. Die Dauer der Aufstellungsverfahren lagen in Schleswig-Holstein bisher in der Regel bei ca. 18 Monaten.

 

Durch die Planungshoheit der Gemeinde ergibt sich allerdings auch ihre direkte Einflussmöglichkeit auf die konkrete räumliche Gestaltung, die Abstände zur Wohnbebauung, die Flächengröße und auch bezüglich der Vorschläge zur Anlagengestaltung (Eingrünung, Wildkorridor, Biotopanlegung).

 

Die Landesregierung hat Mitte 2021 hat die in den Gemeinden vorliegenden Fragen aufgegriffen und den Erlass Grundsätze der Planung von großflächigen Solarenergie-Freiflächenanlagen im Außenbereich entworfen. Dieser soll erst nach abschließender Beschlussfassung der Landesregierung zur Fortschreibung des Landesentwicklungsplanes veröffentlicht werden. Die „Landesverordnung über den Landesentwicklungsplan Schleswig-Holstein Fortschreibung 2021 (LEP-VO 2021)“ ist am 17.12.2021 in Kraft getreten. Neuer Bestandteil des Landesentwicklungsplanes (LEP) ist das Kapitel 4.5.2 Solarenergie, das die übergeordneten Grundzüge und Ziele der Raumordnung für den Bereich Solarenergie festlegt.

Ziele müssen von der Gemeinde zwingend beachtet werden. Im Rahmen eines Zielabweichungsverfahrens nach § 13 Landesplanungsgesetz (LaplaG) kann geprüft werden, ob eine Abweichung von einem tangierten Ziel ausnahmsweise zugelassen werden kann. Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung sind nach § 4 Absatz 2 Raumordnungsgesetz (ROG) zu berücksichtigen. Sie sind im Rahmen einer sachgerechten Abwägung überwindbar. Dieses muss von der Gemeinde ausreichend begründet werden.

 

In der aktuell gültigen Fortschreibung des Landesentwicklungsplan 2021 ist in 4.5.2 als Grundsatz Nr. 2 u.a. festgelegt:

 

Die Entwicklung von raumbedeutsamen Solar-Freiflächenanlagen (Photovoltaik- und Solarthermie) soll möglichst freiraumschonend sowie raum- und landschaftsverträglich erfolgen. Um eine Zersiedelung der Landschaft zu vermeiden, sollen derartige raumbedeutsame Anlagen vorrangig ausgerichtet werden auf:

-          bereits versiegelte Flächen,

-          Konversionsflächen aus gewerblich-industrieller, verkehrlicher, wohnungsbaulicher oder militärischer Nutzung und Deponien,

-          Flächen entlang von Bundesautobahnen, Bundesstraßen und Schienenwegen mit überregionaler Bedeutung oder

-          vorbelastete Flächen oder Gebiete, die aufgrund vorhandener Infrastrukturen ein eingeschränktes Freiraumpotenzial aufweisen.

 

Als raumbedeutsame Solar-Freiflächenanlagen gelten gemäß LEP grundsätzlich Anlagen ab einer Größenordnung von 4 Hektar. Die Anlagen sollen vorrangig auf Flächen errichtet werden, auf denen bereits eine Vorbelastung von Natur und Landschaft durch die Nutzung auf der Fläche selbst (zum Beispiel bauliche Vorprägung durch Gebäude und Anlagen) oder durch die Zerschneidungswirkung und Lärmbelastung von Verkehrswegen besteht.

 

Als weiterer Grundsatz (Nr. 5) ist festgelegt, dass für größere raumbedeutsame Solar-Freiflächenanlagen ab einer Größe von 20 Hektar in der Regel ein Raumordnungsverfahren durchgeführt werden soll. Die Landesplanungsbehörde entscheidet je Vorhaben nach eigenem Ermessen, ob sie das Raumordnungsverfahren entsprechend der gesetzlichen Vorgaben der §§. 15 ff. ROG und §§ 14 ff. Landesplanungsgesetz (LaplaG) durchführt.

 

Der rechtsgültige Landesentwicklungsplan – Fortschreibung 2021 ist abrufbar unter:

Planen, Bauen & Wohnen - Landesentwicklungsplan - schleswig-holstein.de.

 

Der Investor plant, nach eigenen Angaben, einen Solarpark mit einer Brutto-Fläche von ca. 48 Hektar östlich der K 111 zwischen den Ortslagen Ratzbek und Fliegenfelde (Gemarkung Ratzbek, Flur 3, Flurstücke 4/7, 4/8, 27/4, 112 und 114 sowie Flur 2 Flurstück 29/4, Gesamtgröße ca. 56 Hektar). Das Standortkonzept ist der Beschlussvorlage 2021/20-157 beigefügt. 

 

Nach Ansicht des Bauamtes ist der angestrebte Standort inklusiver seiner Größe gemäß dem in 4.5.2 Nr. 2 des Landesentwicklungsplanes formulierten Grundsatz kritisch zu betrachten. Die Fläche ist aktuell nicht versiegelt. Es handelt sich auch nicht um eine brachliegende Militär-, Gewerbe- oder Industriefläche, die in anderer Form wiedergenutzt werden soll (Konversionsfläche). Auch liegt der Standort nicht an einer Hauptverkehrsstrecke oder in einem vorbelasteten Bereich. Die Landesplanungsbehörde entscheidet, ob die Standortwahl unter Berücksichtigung der Grundsätze ausreichend abgewogen wurde und damit umsetzbar ist.

 

Bei dem Vorhaben handelt es sich unstrittig um eine größere raumbedeutsame Solar-Freiflächenanlage, für die höchstwahrscheinlich ein Raumordnungsverfahren durchgeführt werden muss. Hierüber entscheidet ebenfalls die Landesplanungsbehörde.

 

Verwaltungsseitig wird empfohlen, dass zunächst der Investor sein Standortkonzept vom 17.08.2021 auf die aktuelle Rechtslage, d.h. auf die gültigen Vorgaben der Fortschreibung des Landesentwicklungsplanes 2021, anpasst. Vor der offiziellen Einleitung der Bauleitplanverfahren sollte dann im Anschluss zur rechtliche Absicherung die Landesplanungsbehörde gemäß Landesplanungsgesetz frühzeitig über die raumbedeutsame Planung informiert und um Prüfung der Vereinbarkeit mit den Zielen der Raumordnung gebeten werden.

 

Alternativ könnte die Gemeindevertretung die Aufstellungsbeschlüsse für die Änderung des Flächennutzungsplanes und den notwendigen Bebauungsplan entsprechend der Beschlussvorlage 2021/20-157 zur Sitzung der Gemeindevertretung am 02.12.2021 fassen. Aber auch hier muss im nächsten Verfahrensschritt die Landesplanungsbehörde beteiligt werden.

 

 


Anlage/n:

Anlage/n:

keine

 

Stammbaum:
2021/20-157   Solarpark Ratzbek   Bauamt   Beschlussvorlage
2021/20-171   Errichtung eines Solarparkes in der Gemeinde Wesenberg   Bauamt   Beschlussvorlage
Seite zurück Nach oben